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Veröffentlicht: 19. April 2018
ⵎⵉⵍⵉⴰ
Am Vorabend der Feierlichkeiten des 28. Jahrestags des Amazighischen Frühlings vom 20. April 1980 wurden mehrere Aktivisten verhaftet, berichtete gestern das algerische Onlinemagazin algerie-focus.com. In Hauptstadt der Provinz Kabylei, Tizi Ouzou, eine amazighische Region östlich der algerischen Hauptstadt Algier, wurden mehrere Militanten und Aktivisten der Bewegung für das Selbstbestimmungsrecht und die Unabhängigkeit der Kabylei-Region, die zu einer Demonstration am 20. April 2018 aufriefen, von algerischen Sicherheitskräften in der Nähe der Universität Mouloud-Mammeri in Tizi Ouzou festgenommen.
Nach algerie-focus.com wurde ein junger Student nach Auseinandersetzungen mit Polizeibeamten verletzt. Im Laufe des Tages wurde außerdem der URK-Chef, eine Bewegung für die Unabhängigkeit der Kabylei (Union für die Republik Kabylei), Bouazziz Naït-Chebib, ebenfalls von algerischen Polizisten festgenommen.
Diese Verhaftungen werden wahrscheinlich den friedlichen Charakter der Demonstrationen gefährden, die an diesem Freitag (20.4.) zum Gedenken an den 38. Jahrestag der Ereignisse des Amazighischen Frühlings von 1980 stattfinden werden.
Zur Erinnerung:
Am 10. März 1980 kündigten die zuständigen algerischen Beamten der Provinz Tizi Ouzou eine geplante Konferenz des Schriftstellers und Vater der amazighsichen Sprache und Gramatik, Mouloud Mammeri, über die Antike der Kabylei-Dichtung. Für das Verbot der Konferenz gaben die Behörden keine Begründung. Es hieß: "ein Befehl aus Algier".
Am 11. März protestierten Hunderte von Menschen, darunter viele Studenten, in Tizi Ouzou. Es folgen Streiks in der Kabylie und Algier.
Am 7. April fand eine große Demonstration in Algier statt. Die Polizei löste die Demonstration mit grober Gewalt. Der Tag endete mit hundert Verhaftungen und vielen Verwundeten. Gleichzeitig demonstrierten zahlreiche Menschen in mehreren Städten der Kabylie.
Am 7. April begann ein Generalstreik an der Universität Tizi Ouzou und ein Tag danach eine weitere beeindruckende Demonstration mit dem Ziel nach Algier. Am 10. April gab es Generalstreik in der ganzen Kabylei.
In der Nacht vom 19. zum 20. April wurde die Universität von Tizi Ouzou (Mouliud Mammeri Universität) von der Polizei gestürmt.
Am 20. April, nach unerträglichen Repressionen auf große Einrichtungen, vor allem die Universität, Krankenhäuser und Fabriken in Tizi-Ouzou, wurde ein spontaner Generalstreik in der ganzen Stadt und Region ausgelöst. Arabische Symbole müssen vom Stadtbild verschwinden. Die Schüler und Studenten boykottierten Arabisch-Unterricht und demolierten alles, was arabisch ist. Man will keine Behörden-, Büros-, Straßen- und Ortsschilder mehr auf Arabisch dulden. Die Stadt (Tizi Ouzou) und die ganze kabylische Region wurden vom Rest des Landes durch die algerische Armee und Sicherheitskräfte abgeschnitten.
Algerische Identität
Auch nach 1.300 jahrlangen, seit der Islamisierung Nordafrikas ab dem 7. Jahrhundert, Unterdrückung und Identitätsvernichtenden Manipulationen der nordafrikanischen Völker, der Imazighen, ist es nie zu spät, die eigene wahre Identität zu identifizieren und anzuerkennen.
Ein Mensch, der seine eigene wahre Identität nicht kennt, ist ein orientierungsloses und verlorenes Objekt und Spielball der selbstbewussten Subjekte seiner Umwelt. Das Selbstbewusstsein und die Erkenntnis der eigenen Identität sind die Grundlage und Voraussetzung für die eigene Entwicklung und Weiterentwicklung. Denn ohne fundiertes Wissen über die eigene Identität können die eigenen Stärken und Schwächen gegenüber den anderen Subjekten und Objekten der externen Umwelt nicht identifiziert und erkannt werden. Das eigene Handeln wird dadurch ziellos, zufällig und von allen anderen externen Subjekten gesteuert. Genau dies tun alle bisherigen algerischen Entscheider, denn sie sind Objekte und Spielbälle der Orientalen, Franzosen und und und.
Die Amazighität als Ganzes ist das Fundament und die zentrale Hauptkomponente der algerischen und nordafrikanischen Identität. Somit stellt die Amazighität das einzig wahre und solide Fundament für einen neuen Aufbau eines fortschrittlichen, rechtsstaatlichen und demokratischen Algerien im Rahmen auch einer fortschrittlichen, rechtsstaatlichen und demokratischen Union der nordafrikanischen Länder dar. Alle darauf basierenden Aufbaukonzepte sind erfolgsversprechend und werden sich langfristig, früher oder später durchsetzen.
Der 1962 eingeschlagene Prozess der „Arabisierung“ Algeriens war von Anfang an zum Scheitern verurteilt, weil er nicht auf das Fundament der wahren algerischen Identität basiert. Die arabische Sprache und der Islam als Religion sind zweifelsohne zwei wichtige Komponenten der algerischen Identität, sie bilden aber nicht das Fundament der algerischen und nordafrikanischen Identität. Die Amazighität als Ganzes ist das einzige wahre Fundament der algerischen und nordafrikanischen Identität. Daraus folgt logischerweise: Alle Lösungskonzepte, Bausteine und Bauten in Algerien und Nordafrika, die sich nicht auf dem Fundament der Amazighität stützen werden früher oder später scheitern und abstürzen. Denn das Naturgesetz der Wahrheit setzt sich langfristig in den meisten Fällen durch. Auch die ehemalige große Weltmacht der Sowjetunion brach wie ein Kartenhaufen zusammen, weil sie nicht auf das richtige Fundament aufgebaut wurde.
Man kann es drehen und wenden, wie man will, die Hauptursachen für die alten und neuen Gesellschaftsprobleme Algeriens und Nordafrikas sind hausgemacht und nicht dem hassgeliebten „bösen“ Westen zuzuordnen. Die historisch falsche Vision des Ex-Präsidenten Houari Boumedienne und der intolerante Arabismus und Islamismus sind die Hauptgründe der algerischen Identitätsprobleme.
- Der intolerante Arabismus und der intolerante Islamismus haben die Entstehung und Entwicklung einer weltoffenen und modernen multikulturellen Gesellschaft mit einer gesunden und konstruktiven Dialog- und Streitkultur in Algerien, Mauretanien, Marokko, Tunesien, Libyen und in ganz Nordafrika nicht nur verhindert, sondern (fast) für immer und ewig vernichtet.
Gerade und vor allem die Länder mit komplexen hybriden Identitäten, wie Algerien, Mauretanien, Marokko, Tunesien, Libyen und ganz Nordafrika sind auf moderne und innovative Gesellschaftskonzepte für Lebensformen und Kulturen angewiesen, die nicht nur die Toleranz für Parallelgesellschaften ermöglichen, sondern vielmehr Respekt und Achtung der Verschiedenheit und der Vielfalt propagieren.
Die Hybridität der algerischen Identität soll als eine große Bereicherungschance identifiziert und konstruktiv für das algerische Volk und für alle nordafrikanischen Völker ausgenutzt werden. Dabei muss die komplementäre Diversität Nordafrikas als Entwicklungskatalysator eingesetzt werden.
Die wahre Identität Algeriens und Nordafrikas mit aller Gewalt auf Arabismus und Islamismus zu reduzieren ist nicht nur eine historische und kulturell-verbrecherische Lüge, sondern eine verheerende Sackgasse, die jede potentielle positive Entwicklungsmöglichkeit erstickt und tötet.
Naturgesetzte von Menschen fundamental zu ändern ist immer noch eine hochkomplexe Angelegenheit. Glücklicherweise gilt immer noch: Wahrheit und Qualität setzten sich immer und grundsätzlich durch, auch wenn es manchmal ewig dauert.
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ⵏⴰⵊⵉⴱ ⵅⴰⵏⵅⴰⵔ